Die Pflege eines Menschen geht über den Tod hinaus

Der junge, sympathische Mann mit den braunen Locken und dem ansteckenden Lachen steht kurz vor seinen Abschlussprüfungen als Fachperson Gesundheit. Sein Engagement für seinen Job, sein Interesse am Beruf ist deutlich spürbar. Er spricht über seinen Werdegang, über ein ungewöhnliches Praktikum, das es ihm angetan hat, und erzählt, wie es nach seinen wohlverdienten Ferien weitergeht.

Francesco Iannelli im Interview mit Madleina Barandun.

Francesco Iannelli, wer bist du?
Ich bin Francesco Iannelli, bin 19 Jahre alt und komme ursprünglich aus Apulien in Italien. Als Zehnjähriger bin ich mit meiner Familie in die Schweiz gekommen und lebe heute in Domat/ Ems.

Für dich war es nicht von Anfang an klar, dass du im Gesundheitswesen arbeiten möchten, nicht wahr?
Genau. Ich habe an verschiedenen Orten geschnuppert. Beim Gipser war es mir körperlich zu streng, eine Lehre als Elektroinstallateur hätte ich mir hingegen gut vorstellen können. Ich kannte die Lehre als FaGe (Fachangestellter Gesundheit) anfänglich ja gar nicht. Ich mochte die Arbeitssituation im Churer Altersheim, in dem ich geschnuppert habe, jedoch sofort.

Die Praktika, die jeder FaGe-Lernende durchlaufen muss, liefen bei dir etwas anders ab als geplant, oder?
(Schmunzelt) Das ist so. Im dritten Lehrjahr steht eigentlich ein Praktikum im Spital auf dem Programm. Für mich gab es jedoch keinen Platz mehr in den üblichen Praktikumsorten. So kam ich in einer Arztpraxis und bei einem Bestattungsunternehmen unter. Dies war anfänglich ein Schock! Ich wusste nicht, wie ich im Umgang mit Leichen reagieren werde. Zudem hatte ich auch keine Erfahrung mit der Kremation.

Eine nachvollziehbare Reaktion. Wie ging es weiter?
Ich fand mich dann im Bestattungsunternehmen schnell zurecht. Das Team war sehr nett und unterstützte mich in allen Bereichen. So kam es, dass mich die zwei Wochen so begeistert haben, dass ich gar das Praktikum verlängern wollte.

Was war es, das dich fasziniert hat?
Die zentrale Bedeutung der Kommunikation mit den Angehörigen und wie man eine Leiche behandelt. Was viele nicht wissen: Die Pflege eines Menschen geht weiter, auch über den Tod hinaus. Wenn jemand stirbt, wird sie oder er geschminkt, die Frisur wird gerichtet, die Person wird angekleidet. All dies geschieht mit einer grossen Empathie und in enger Absprache mit den Angehörigen. So, dass es der verstorbenen Person gerecht wird. Man glaubt es kaum, aber man braucht auch Humor für diesen Job. Wenn man diesen nicht mitbringt, ist man beim Bestatter nicht am richtigen Ort.

Diese Qualifikation brachtest du sicherlich mit. Wie war die Rückmeldung des Unternehmens?
Das Bestattungsunternehmen wollte mich gerne behalten. Sie meinten, ich sei ein empathischer Mensch, der gut mit dem Tod und den Gestorbenen umgehen könne.

Wie haben deine Angehörigen auf dein Praktikum beim Bestatter reagiert?
Eigentlich gut. Meine Mutter kann keine Leichen sehen, hatte aber keine Mühe mit meinem Job. Sie hat einfach nicht verstanden, wie ich es schaffe, mit Leichen umzugehen. Ich weiss es auch nicht. Ich mache es einfach (schmunzelt).

Wie ist es bei dir weitergegangen nach diesen zwei Wochen? 
Trotz meiner Begeisterung für das Bestattungswesen bin aber auch gerne wieder zurück ins Rigahaus. Die gemachten Erfahrungen helfen mir weiter bei meiner der Arbeit im Altersheim. Ich merke, dass die beiden Bereiche sehr viele Gemeinsamkeiten haben. Die Pflege, die Kommunikation mit Angehörigen, die Empathie, die im Zentrum steht.

Jetzt bist du im letzten Lehrjahr. Ende Mai, Anfang Juni finden die schriftlichen Prüfungen statt. Was steht als Erstes an, wenn die Prüfungen vorbei sind?
Party! (Er lacht laut). Ich werde mit Eltern und Kollegen feiern. Mitte Juni bekomme ich den Bescheid, einen Monat später habe ich Ferien und gehe nach Italien und Spanien ans Meer.

Wie geht es weiter im Beruf?
Ich bleibe im Rigahaus und arbeite ab September als ausgebildete Fachperson Gesundheit. Es gefällt mir hier einfach gut, ich kenne und mag mein Team. Die Zusammenarbeit ist cool, wir haben viel Spass und lachen gemeinsam.

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Schau dir in unseren Videos an, was Francesco während seines Praktikums beim Bestattungsinstitut Caprez in Chur erlebt hat: