Melanie Di Stasio im Interview mit Madlaina Barandun.
Melanie, erzähl mal: Wie bist du in die Pflege gekommen?
Ich fand den Pflegeberuf schon mit 15 spannend. Damals durfte man aber erst ab 18 mit der Ausbildung beginnen. Nach dem Abschluss war ich zehn Jahre im Kantonsspital. Mit der Geburt unserer zwei Kinder begann ich, Teilzeit zu arbeiten und als meine Tochter in den Kindergarten kam, kündete ich. Ich wollte mehr präsent sein zu Hause und suchte ein Job mit regelmässigeren Arbeitszeiten. So begann ich eine Arztsekretärinnen-Ausbildung, konnte mich für die Arbeit im Büro aber nie begeistern. Eine Bekannte schlug mir dann die Spitex vor.
Wie hast du reagiert?
Ich dachte zuerst: «Zur Spitex? Ich weiss nicht so recht». In meiner Vorstellung bedeutete Spitex ausschliesslich Patienten waschen und pflegen. Nun gut, ich hatte nichts zu verlieren. Nach dem Schnuppern war klar: Die Realität entsprach überhaupt nicht meinem ursprünglichen Bild! Es gefiel mir auf Anhieb bei der Spitex Imboden, wo ich seit 2016 bin.
Was hat dich denn am meisten überrascht?
Dass die Arbeit so vielseitig ist und dass man so stark im Austausch steht mit unterschiedlichen Fachstellen. Ein Beispiel: Bei chronischen, komplexen Wunden arbeiten wir eng mit dem Wundambulatorium in Chur zusammen. Oder mit dem Palliativen Brückendienst im Falle eines nahenden Todes, wo die Angehörigenbetreuung zusätzlich intensiv ist. Wir bewegen uns in einem fachlichen Netzwerk, in dem wir enorm viel Neues lernen können, etwa auch punkto technologischer Innovationen. Dies hatte ich so nicht erwartet.
Ich habe auch die Komplexität der Tätigkeiten unterschätzt. Diese hat enorm zugenommen, seit die Menschen viel eher vom Spital entlassen werden und viel mehr Nachsorge brauchen. Nebst diversen Verbandswechsel führen wir in der ambulanten Pflege zahlreiche medizinaltechnische Tätigkeiten durch. Wir sind häufig mit der Pflege von Sonden, Drainagen oder künstlichen Darmausgängen konfrontiert. Während sie früher wegen einer Antibiotika Therapie längere Zeit im Spital behandelt wurden, können wir diese Therapien heute bei den Klienten zu Hause durchführen.
Du meinst, die Aufgaben sind anspruchsvoller und auch spannender geworden?
Ganz klar. Was wir bei der Spitex täglich machen, entspricht darum nicht dem gängigen Bild. Viele Menschen wissen ebenfalls nicht, dass wir jüngere Menschen versorgen, oder Menschen mit psychischen oder chronischen Leiden. Nicht nur junge Menschen im Berufswahlprozess, sondern auch ältere wissen häufig nicht, welche Vielfalt und Möglichkeiten unsere Tätigkeit mit sich bringt. Unser Job ist viel komplexer und spannender, als sie denken. Auch punkto Digitalisierung und Pflegequalität sind wir auf einem hohen Stand.
Ist das ein Grund, warum du bei der aktuellen Kampagne von Spitex und Pflegeheime als Botschafterin mitmachst?
Genau. Mir ist es wichtig, unsere Arbeitsrealität gegen aussen zu tragen, zu zeigen, wie vielseitig unsere Arbeit ist. Selbständigkeit ist ein weiteres Stichwort: Wir können vieles eigenständig machen und müssen flexibel mit verschiedenen Situationen umgehen können und rasch wichtige Entscheidungen treffen. Und trotzdem ist das Team zentral. Bei uns werden Einsätze so geplant, dass wir meist gemeinsam Pause machen können. Es finden viele Teamanlässe statt, oder wir besprechen anspruchsvolle Fälle im Team.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit im Team?
(Lacht) Ich muss sagen, ich habe noch nie in einem solch tollen Team gearbeitet, es macht richtig Spass und wir lachen viel. Wir sind ein sehr durchmischtes, aber beständiges Team, von der 15-jährigen FaGe bis zur Pensionierten, die noch weiterarbeitet. Es ist ein entspanntes Arbeiten, wir unterstützen uns gegenseitig.
Gibt es für dich auch Möglichkeiten zur Weiterentwicklung?
Ganz klar. Was wir bei der Spitex täglich machen, entspricht darum nicht dem gängigen Bild. Viele Menschen wissen ebenfalls nicht, dass wir jüngere Menschen versorgen, oder Menschen mit psychischen oder chronischen Leiden. Nicht nur junge Menschen im Berufswahlprozess, sondern auch ältere wissen häufig nicht, welche Vielfalt und Möglichkeiten unsere Tätigkeit mit sich bringt. Unser Job ist viel komplexer und spannender, als sie denken. Auch punkto Digitalisierung und Pflegequalität sind wir auf einem hohen Stand.
Welches sind Glücksmomente bei deiner Arbeit?
Ich spüre die Dankbarkeit der Klienten sehr stark und unmittelbar. Sie sind dankbar, in ihrem gewohnten Umfeld sein zu dürfen. In meinem Arbeitsalltag erlebe ich dies oft auf berührende Weise: Heute morgen war ich bei einer jüngeren Frau mit einer chronischen, schweren Krankheit, die sich verbal kaum mitteilen kann. Sie war sehr glücklich, als ich kam, hielt mir die Hand und lächelte mich an. Eine solche Begegnung gibt mir das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.
Mir gefällt auch, dass ich mitten in den Alltag der Menschen, in ihre Wohnung, in ihr Leben, in ihr Umfeld trete. Ich habe so einen unmittelbaren Bezug zu den Klienten und einen weiten Blickwinkel, kann direkt einwirken auf Situationen, wie etwa Stolperfallen entfernen.
Was sind deine Wünsche für die Zukunft?
Ich hoffe sehr, dass sich HF-Studierende für die Spitex und im Besonderen für die Spitex Imboden entscheiden und unser tolles Team bereichern.
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Fotoshooting mit Melanie: Die Fotos wurden als Vorlage für die Plakate verwendet.
Und hier das Resultat: Melanie auf dem Plakat – echt stark!